„Die JVA goes Schule“
Prävention im Lernhaus Ahorn. Ein virtueller „Schulausflug in den Knast“
„Bleib’ sauber. Bleib’ stark“, so die Botschaft dreier straffälliger Jugendlicher. Mit ihr wollen Bndo, Aki und Toms – Pseudonyme – Gleichalterige erreichen. Ihnen die Augen öffnen, sie wachrütteln, ihnen ihr Schicksal, bei Straftaten das einer Haft, ersparen. Deshalb schrieben sie ihre Geschichte auf und drehten unter der Regie des Journalisten Werner Herkert eine Dokumentation, einen „Knastfilm“. In ihm zeigen die 18- bis 21-Jährigen erschreckend offen ihren Alltag in der Untersuchungshaft. Zwischen Arbeit, Freigang und Zelle. Das Leben, ihr unfreies Leben nun hinter „Schwedischen Gardinen“ und in engen, kleinen, inzwischen über 50 Jahre alten Zellen. Zu zweit.
Für diese authentische Prävention haben wir uns im Rahmen unseres LEBE-Konzepts im Lernhaus Ahorn entschieden. Die rund 90-minütige Aufklärung sollte die SchülerInnen der Lerngruppen 8, 9 und 10 über die Gefahren von Mobbing über Diebstähle, Erpressung, körperliche und psychische Gewalt bis Vandalismus informieren. Denn am Ende von digitaler sowie auch wirklich ausgeübter Gewalt steht für immer mehr Mädchen und Jungen zwischen 14 und 21 Jahren die Jugendstrafanstalt. Kurz: der Knast.
Das in drei Teile gegliederte Projekt „Die JVA goes Schule“ startete nach einer kurzen Erläuterung und Vorstellung von Werner Herkert mit einem knapp zwölfminütigen Film. In ihm schildern die drei Häftlinge ihre Gedanken, Gefühle, täglichen Erlebnisse, die sie alle zuvor niedergeschrieben quasi als „Schulausflug in den Knast“ niedergeschrieben haben. Sie erzählen ihren Alltag zwischen „Lebenskontrolle“, Frühstück, Arbeit, Hofgang bis zu den drohenden Strafen bei Schlägereien unter den Insassen. Zu ihnen gehören beispielsweise Freizeitsperre oder „Bunker“.
„Der Titel ‚Schulausflug in den Knast‘ entstand im Gefängnis“, betont Werner Herkert. Der dort über ein Jahr „Die Schreibwerkstatt“ leitete. Dem Journalisten ging es in dieser Zeit nicht um eine korrekte Rechtschreibung oder eine saubere Grammatik. „Wichtiger war mir, dass die Jungs ihr Leben, das alles andere als rund läuft, einem leeren Blatt Papier anvertrauen. Und sie sich über diesen Weg mit sich und ihrem Leben, ihrer Zukunft auseinandersetzen.“ Aus diesem Gedanken entsprang diese neue Prävention. „Ich fragte die Jugendlichen, was hätte passieren müssen, damit sie nicht im Knast landen“, so der Projektleiter. „Ihre Antwort war einfach und sehr klar: Hätten wir in der Schule schon gewusst, was uns hier erwartet, wären wir hier wohl nicht gelandet.“ Und genau das ist das Ziel dieses „Schulausflugs“: Aufklärung, Information und am Ende auch Abschreckung.
Für die Jugendlichen war nicht nur der „Knastfilm“ ein Wachmacher, wie sich in den Fragerunden zeigte. Die Enge der Zelle, null Privatsphäre, kein selbstbestimmtes Leben, alle Werktage sind gleich, die Hierarchie der Häftlinge im Gefängnis oder kein Internet, kaum Kontakt nach draußen, das sind Infos, die sie so bisher nicht kannten.
An der Reaktion der SchülerInnen wurde deutlich, dass das Ziel von Information bis Wachrütteln der straffälligen Jugendlichen erreicht wurde. Die Botschaft #NiemalsKnast kam an.
Gustav Paul